Eines der bekanntesten Ereignisse, die man geschichtlich mit Leipzig in Verbindung bringt, ist neben der Friedlichen Revolution die Völkerschlacht. Nicht ohne Grund findet man in der gesamten Stadt unzählige Denkmäler und Bauten, die sich mit diesem Ereignis auseinandersetzen. Der Napoleonstein in Probstheida, das Schwarzenberg-Denkmal in Meusdorf oder die Russische Gedächtniskriche an der Deutschen Nationalbibliothek, sind dafür nur die bekanntesten Beispiele. Zudem gibt es in Leipzig so manchen Verein, der sich mit dem Thema der Völkerschlacht befasst.  Der Förderverein Völkerschlachtdenkmal e.V. und der Verband Jahrfeier Völkerschlacht bei Leipzig 1813 e.V. sind davon nur zwei, aber sie prägen das Gedächtnis der Leipziger beim Thema Völkerschlacht entscheidend mit. Der Förderverein Völkerschlacht Denkmal hat schon Millionen für den Erhalt des Völkerschlachtdenkmals eingeworben und eingesetzt. Unter anderem ihm ist es zu verdanken, dass viele Restaurierungs- und Modernisierungsmaßnahmen am Völkerschlachtdenkmal erfolgreich umgesetzt werden konnten.

Der Verband Jahrfeier Völkerschlacht organisiert jedes Jahr eine Nachstellung der Völkerschlacht in Dölitz und Markkleeberg. Diese ist mittlerweile ein Zuschauermagnet und fester Termin im Kalender vieler Leipziger. Neben der Erinnerung an die Schlacht steht hierbei auch der Austausch mit anderen Gleichgesinnten (auch aus anderen Ländern) im Vordergrund. So fördert das Fest nicht nur Geschichtsbewusstsein, sondern leistet auch einen Beitrag zur Völkerverständigung. Zu DDR-Zeiten war dies zum Beispiel eine Möglichkeit mit Menschen außerhalb des Ostblocks in Kontakt zu kommen. Es stellt sich natürlich trotzdem die Frage, inwieweit die gemeinsame Nachstellung einer Schlacht zur Völkerverständigung beitragen kann. Das Sanitäts- und Lazarettmuseum in Seifertshain zeigt im Gegenzug dazu, welches Leid Soldaten und Bevölkerung während der Schlacht auf sich nehmen mussten. Es ist zu empfehlen beide Veranstaltungen zu besuchen, um sich ein vollständiges Bild der damaligen Lage der Menschen zu machen.Nicht immer müssen es aber Museen und monumentale Denkmäler sein. Es reicht manchmal auch eine kleine Markierung oder ein Hinweis, um den Betrachter darauf hinzuweisen, dass hier ein Ort von historischer Bedeutung ist. Zu dieser Art von Denkmälern gehören die Apelsteine.


Apelsteine – Wegweiser zu den Orten der Völkerschlacht


Apelsteine dienen der Erinnerungskultur. Ihr Ziel ist es, wichtige Stätten der Völkerschlacht zu markieren und über die Ereignisse zu informieren. Fünfzig Steine sind im gesamten Stadtgebiet und Leipziger Umland an unterschiedlichen Orten aufgestellt.  Nimmt man die Apelsteine also als Gesamtbild so erhält man einen ziemlich genauen Überblick über die Größe und den Ablauf der Völkerschlacht. In den meisten Fällen sind Apelsteine hüfthohe Gedenksteine die an Feld- oder Wegesrändern stehen, manche befinden sich auch in Beeten oder auf Friedhöfen und sind aufgrund dessen für die meisten Menschen unsichtbar. Andere wiederum dürfte jeder schon einmal im Vorbeigehen bemerkt haben, auch wenn ihm oder ihr vielleicht nicht bewusst war, was er oder sie da vor sich hatte.  


Woher die Apelsteine ihren Namen haben


Benannt sind die Apelsteine nach ihrem Initiator und Finanzier, dem Juristen und Schriftsteller Theodor Apel.  Geboren wurde Guido Theodor Apel am 11. Mai 1811 in Leipzig als Sohn des Leipziger Ratsherrn und Dichters August Apel. Als Kind besuchte er die Nikolaischule in Leipzig. In dieser Zeit lernte er auch Richard Wagner kennen und freundete sich mit diesem an. Später studierte er an den Universitäten in Leipzig und in Heidelberg Jura. Bekannt ist er vor allem durch seine Dramen und Gedichte. Sein bekanntestes Werk ist das Stück „Nähkätchen“, welches zur damaligen Zeit ein echter Bühnenerfolg war. Schon sein Vater August Apel war Schriftsteller. Eines seiner Werke inspirierte Carl Maria von Weber zu seinem Stück „Der Freischütz“.

Das sich im Kolonnadenviertel befindliche Lokal „Apels Garten“ geht übrigens nicht auf Theodor Apel zurück, sondern auf seinen Vorfahren den Handelsherrn und Fabrikanten Andreas Dietrich Apel, der an eben dieser Stelle einen Park errichten ließ. Die Apelstraße in Eutritzsch ist der ganzen Familie Apel gewidmet und soll die gesamten Leistungen der Familie für die Stadt Leipzig würdigen.

Apel war in Leipzig Mitglied des sogenannten „Verbrechertisches“, an dem sich die demokratisch und fortschrittlich gesinnten Kräfte der damaligen Zeit trafen. Der Name Verbrechertisch ist dabei durchaus wörtlich zu nehmen. Viele der Mitglieder saßen wegen ihrer politischen Einstellung und Überzeugung schon einmal im Gefängnis oder wurden zumindest dafür bestraft. Man traf sich im Kellerlokal „Zur Guten Quelle“ am Brühl. Neben Apel saßen unter anderem Gelehrte wie Emil Adolf Roßmäßler und Alfred Brehm. Auch viele andere Schriftsteller wie August Peters oder Hermann Marggraff waren vertreten. Den Verbrechertisch kann man noch heute im Stadtgeschichtlichen Museum der Stadt Leipzig finden. Stammsitz der Familie Apel war das „Gut Ermlitz“ bei Schkopau auf dem Apel auch lebte. Schon in den 1850er Jahren begann Apel sich intensiver mit der Völkerschlacht auseinander zu setzen. Im Jahr 1861 zum 50-Jährigen Jubiläum der Völkerschlacht setzte er die Idee um, die Apelsteine zu errichten. Apel starb am 20 November 1867 bei Leipzig.


Was Apelsteine uns über die Völkerschlacht erzählen können


Apelsteine sollen die einzelnen Orte der Kampfhandlungen der Völkerschlacht, welche sich über ganz Leipzig und weite Teile des Umlands erstreckte, abbilden.  Von ihrem Aussehen sind Apelsteine einfach gehalten. Sie haben in den meisten Fällen eine Höhe von 1,5 Metern und bestanden, wie viele Gebäude in Leipzig, ursprünglich aus Sandstein. Errichtet wurden sie oftmals in der Zeit zwischen den Jahren 1861 und 1864. Allerdings mussten sie häufig noch im 19. Jahrhundert ersetzt werden, da Sandstein nur eine sehr begrenzte Haltbarkeit hat. Um einen erneuten kurzfristigen Austausch vorzubeugen, griff man bei dem Ersatzmonument auf ein härteres Material zurück. Dabei veränderte man aber auch häufig Größe und Form. Das führte dazu, dass die ursprüngliche Einheitlichkeit der Steine heute nur noch teilweise erhalten ist. Durch die voranschreitende Bebauung Leipzigs und des Umlandes mussten die Denkmäler auch hart um ihren Platz kämpfen. Nicht mehr alle Steine sind heute noch an ihren Originalstandorten zu finden.

Ihre Informationsfunktion erfüllen die Apelsteine, indem sie über wichtige Sachverhalte und Geschehnisse am jeweiligen Standort informieren. Angaben, die man auf den Markierungssteinen findet, sind zum Beispiel die Truppenstärke der teilnehmenden Heeresteile, die Kampfrichtung des Gefechts oder der jeweiligen Befehlshaber der Truppen die am Gefecht teilgenommen haben. Pfeile an den Schmalseiten der Steine geben darüber Auskunft in welche Richtung der Verlauf der Front lag. Um eine leichtere Zugehörigkeit der einzelnen Truppenteile zum jeweiligen Gesamtheer erkennbar zu machen, wurden die Steine der verfeindeten Parteien unterschiedlich gestaltet. Die Truppen Napoleons erkennt man durch eine Abrundung am oberen Ende des Steins, außerdem sind sie mit einem N versehen. Steine, die oben spitz zulaufen und mit einem V markiert sind, stehen für die Truppen der Verbündeten also Preußen, Österreich und Russland. Außerdem kann man aufgrund der Nummerierung erkennen, welche Truppenteile für welche Seite im Einsatz waren. Steine Napoleonischer Truppen wurden mit einer ungeraden Nummer ausgestattet, Steine der Truppen Verbündeten mit einer geraden Nummer. Allerdings wurde diese Zuordnung nur bis zum Stein Nr. 44 beachtet und danach nicht mehr konsequent umgesetzt. Dies liegt vor allem daran, dass die Steine nur bis zu dieser Nummer von Apel selbst erbaut worden. Sechs weitere Markierungen wurden später von verschiedenen Initiativen hinzugefügt. Dadurch wurde eine Einheitlichkeit der Säulen jedoch nur begrenzt beachtet, da jede Initiative ihre eigenen Vorstellungen hatte.

Schon Apel selbst verwies auf die Unvollständigkeit der Schauplätze und auch bis heute steht noch nicht an allen Stätten, die Apel vorgesehen hatte, ein Apelstein. Apel selbst sprach damals von bis zu 60 Stätten, die insgesamt zu markieren seien. Außer der Unterteilung in die oben genannten Merkmale ordnete Apel seine Steine auch in fünf Gruppen den jeweiligen Gefechten zu. Die einzelnen Gefechte waren am 16. Oktober in Wachau, am 16. Oktober in Möckern, am 16. und 18. Oktober in Westen von Leipzig, der 18. Oktober für die Gesamtschlacht und der 19. Oktober mit dem Sturm auf Leipzig. Durch diese zusätzliche Einteilung ist es zu erklären, dass einige Truppenteile mehrfach geehrt wurden, während andere Einheiten gar nicht erwähnt werden.

Doch man sollte die Völkerschlacht nicht nur als historisches Einzelereignis betrachten, sondern auch als eines in einer Kette von Ereignissen, die das Leben der damaligen Bevölkerung stark beeinflussten und nachhaltig verändern sollten. Sie war nur der Höhepunkt einer schon viel länger andauernden Fehde zwischen den Staaten. Zum Leben zum Zeitpunkt der Völkerschlacht, gibt es auch weitere tolle Artikel auf unserem Blog, die hier zu finden sind.

Napoleons Russland Feldzug hatte hunderttausenden seiner Soldaten das Leben gekostet und einen Großteil seiner Hauptarmee vernichtet.  So geschwächt sahen nun Russland und das von Napoleon besetzte Preußen ihre Chance, Napoleon aus ihren Ländern zu vertreiben. Später schlossen sich diesem Bündnis Schweden, Österreich und Großbritannien an. Nach mehreren Gefechten kam es ab dem 16. Oktober 1813 zur Entscheidungsschlacht bei Leipzig. Zu Beginn der Schlacht standen den 200.000 Mann Napoleons (Truppen aus Frankreich, Italien, Neapel, Herzogtum Warschau) 205.000 Mann der Verbündeten (Preußen, Russland, Schweden und Österreich) gegenüber. Jedoch verschiebt sich dieses Machtverhältnis im Verlauf der nächsten Tage zunehmend zu Ungunsten Napoleons. Denn während bei den Verbündeten immer neue Truppen eintreffen, bleibt bei den Truppen Napoleons jegliche Verstärkung aus. Mit Verlauf der Schlacht kommt es außerdem vermehrt zu Überläufern hin zur Seite der Verbündeten. So stehen Napoleons Truppen am 19. Oktober einer Übermacht von 365.000 Mann gegenüber. Insgesamt wurden während der Schlacht schätzungsweise 80.000 bis 126.000 Soldaten auf beiden Seiten getötet oder verwundet.

Es folgen noch mehrere kleinere Schlachten, 1814 ziehen die Verbündeten schließlich in Paris ein. Am Ende dieses Prozesses steht die Verbannung Napoleons auf die Insel Elba. Mit den Beschlüssen des Wiener Kongresses und der darauf einsetzenden Restauration werden die alten Verhältnisse in Europa wiederhergestellt. Eine ausführlichere Darstellung über den Verlauf des Krieges ist hier zu finden.


Welche Motivation es für die Apelsteine gab


Apel finanzierte die Steine aus eigenen Mitteln. Es stellt sich dabei natürlich die Frage, welche Motive ein Mensch damals hatte, so viel Zeit und auch beachtliche Mittel in ein solches Projekt zu investieren. Allerdings fällt es schwer, die Motive Apels in der heutigen Zeit nachzuvollziehen. Apel selbst schrieb in seinen Buch „Führer auf die Schlachtfelder Leipzigs im October 1813 und zu deren Marksteinen“ folgendes Zitat:

„Der Verfasser fühlte, wenn er das Schlachtfeld besuchte, das dringende Bedürfnis, die Einsicht in dasselbe sich zu erleichtern, dass er die Stellungen der Heerhaufen durch Steine bezeichnete, welche die Namen des Führers, der hier befehligte, die Anzahl seiner Truppen, den Namen der Schlacht, in welcher sie auftraten, die genaue Angabe der Himmelsgegenden und der Front enthielten.“

http://www.bürgerverein-probstheida.de/bv/542d_02.html

Über den Auslöser zum Bau der Apelsteine ist ansonsten wenig überliefert, aber man kann sich durch die Betrachtung der damaligen Zeit den Motiven Apels annähern.

Schon zu Zeiten der Völkerschlacht wurde ein gewisser Nationalismus europaweit gefördert. Dieser war wichtig, um die einzelnen Nationalstaaten und die Bevölkerung zu einen und gegen die französische Besatzung in den Kampf zu führen. Auch nach dem Sturz Napoleons änderte sich an dieser politischen Agenda wenig. Vor allem Preußen drängte auf einen einheitlichen deutschen Nationalstaat unter seiner Führung, um seine auf dem Wiener Kongress zugestandenen Gebiete auch wirtschaftlich zu verbinden. Der rheinisch-westfälische Westen war mit den preußisch-brandenburgischen Stammlanden nicht verbunden. Auch für die kleineren Staaten war ein Nationalstaat ohne allzu große Verluste der eigenen Souveränität ökonomisch sinnvoll. Der Patriotismus in der Bevölkerung war daher von oben verordnet und gefördert und nicht unbedingt selbst in der Bevölkerung vorhanden. Er bot damit aber auch Bürgern, die in diesem Sinne agierten die Möglichkeit auf Anerkennung durch die Obrigkeit.

Ein weiterer Grund zum Bau der Apelsteine könnte gewesen sein, dass es zu der damaligen Zeit üblich war, dass wohlhabende Bürger kulturelle oder für die Stadt notwendige Einrichtungen finanzierten. Dazu gehörten auch Denkmäler und in Leipzig, wie in vielen deutschen Großstädten, war dieses Mäzenentum weit verbreitet. Es könnte also sein, dass Apel versuchte, mit dem Bau der Steine sein Hobby der Geschichtsforschung mit dieser bürgerlichen Gepflogenheit zu verbinden. Diese These würde folgendes Zitat von Apel stützen:

„Ehrenpflicht der Bewohner solchen geschichtlichen Bodens, dem Besucher von nah und fern seinen Gang durch die denkwürdigen Fluren zu erleichtern, um nichts zu versäumen, was ein möglichst treues Bild von den Großtaten beleben kann, welche die Vergangenheit hier vollbringen sah“

http://www.bürgerverein-probstheida.de/bv/542d_02.html

Doch auch ein weiterer Punkt könnte eine Rolle gespielt haben. Durch die industrielle Revolution wurde der Mensch mit einer nie dagewesenen Vielzahl an Veränderungen konfrontiert. Die darauf in der Kultur einsetzende Romantik sollte ein Weg zur Zurückbesinnung auf Natur und Mensch sein. Dabei war die Romantik keineswegs nur rückwärtsgewandt, sondern sollte die Stimmung und Ängste der Menschen der damaligen Zeit aufnehmen. Apel könnte also durchaus das Ziel verfolgt haben, ein touristisches Ausflugsziel für die Menschen in Verbindung mit der Völkerschlacht zu schaffen. Gerade der 50. Jahrestag der Völkerschlacht bot dafür einen guten Anlass.

Es ist schwer zu sagen, welcher dieser Ansätze oder ob überhaupt einer davon, ihn dazu inspirierte die Steine ins Leben zu rufen. Er hat aber auf jeden Fall etwas geschaffen, das die Jahrhunderte überdauerte und was uns noch heute dazu bringt, uns mit der Völkerschlacht zu befassen. Wer noch etwas mehr zum damaligen Zeitgeist lesen möchte wird hier fündig.


Apelsteine suchen und finden


Wer die Apelsteine gerne mal in Natura sehen möchte, findet im Stadtgebiet einige Steine, die an gut zu erreichenden Orten liegen. Einige Steine liegen zum Beispiel in der Antonienstraße westlich vom Adler, am Karl-Heine-Platz unweit vom Felsenkeller entfernt, am Nordplatz, sowie am oberen Rundweg des Markkleeberger See in Wachau. Auf der unten angefügten Karte sind diese und auch alle 47 anderen Standorte noch einmal verzeichnet, außerdem gibt es auf Wikipedia eine Übersicht über alle Steine und Stellen.

Wer noch mehr über Orte und Truppenverläufe erfahren möchte, wird dabei in dem Buch „Marksteine und Denkmale der Völkerschlacht in und um Leipzig“ von Reinhard Münch fündig. Auch das Buch „1813: Die Völkerschlacht bei Leipzig“ von Gerd Fesser ist für alle sehr zu empfehlen, die über die Einordnung der Völkerschlacht in den Gesamtverlauf der Deutschen Befreiungskriege mehr wissen wollen.

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