Jeder von uns kennt Sagen und Geschichten wie z.b. „der Rattenfänger von Hameln“ oder „die Bremer Stadtmusikanten“. Wenn wir jetzt aber nach Leipziger Sagen und Geschichten fragen, wem fällt da spontan eine ein? Doch Leipzig hat sehr viele und mitunter auch romantische Geschichten zu bieten, um euch eine dieser vorzustellen wie zum Beispiel:

Das Hochzeitswehr

Etwa um 1500 n.Chr. reiste ein reicher Leipziger Kaufmannssohn nach Venedig, um in dieser Handelsmetropole sein Wissen zu erweitern. Er lernte ein wunderschönes Mädchen kennen mit der er sich verlobte. Als der Vater seinen Sohn heim rief versprach er dem Mädchen sie bald nachzuholen. Die Zeit verging und nach Wochen, Monaten wurden die Briefe immer weniger. Der junge Leipziger stürzte sich in das elterliche Geschäft. Der Vater schlug ihm die Tochter eines reichen Handelsfreundes vor und er fügte sich. Die schöne Venezianerin erfuhr von Händlern von den Hochzeitsvorbereitungen. Liebeskummer machte sich in ihr breit und wurde krank sowie schwermütig. Währenddessen feierte man eine prunkvolle Hochzeit in Leipzig. Gegen Ende beschloss man auf der Elster in die Stadt zu fahren. Der junge Bräutigam steuerte das Boot selber und es kamen ihm Erinnerungen an seine schöne Verlobte aus Venedig. Er glaubte sie vor sich zu sehen als er in den Himmel sah. Sie trug einen Totenkranz und winkte unendlich traurig. In dieser Sekunde erreichte das Boot das Wehr, doch die Strömung riss das Boot mit sich. Die Hochzeitsgäste konnten sich ans Ufer retten doch das frisch vermählte Paar ertrank. Monate später erzählten Händler dass die schöne Venezianerin am selben Tag starb.

Bis heute erzählt man sich, dass jedes Jahr an der Unglücksstelle zwei wunderschöne Wasserrosen aufblühen, aber eben nur zwei.

Natürlich gibt es auch Sagen von tapferen Prinzessinnen rettenden Helden und furchteinflößenden Drachen wie:

Das Hufeisen an der Nikolaikirche

Wo Pleiße und Parthe zusammenfließen stand einst ein hohes Schloss. Ein alter König lebte dort mit seiner Familie. Doch ein grauer Drache machte ihm das Leben schwer.

altes Hufeisen

Anfangs gab er sich mit zwei Schafen täglich zufrieden, doch er wurde immer gieriger, bis er Menschen verlangte. Täglich wurde ein Mensch ausgelost der geopfert wurde, bis es eines Tages die Königstochter traf. Man brachte sie dem Drachen entgegen, als plötzlich ein auf einen starkem Pferd reitender Jüngling mit glänzender Rüstung hervor sprang. Sein Name war Sankt Georg. Er wagte den Kampf und stach dem grausigen Biest seine Lanze in die Seite, es schrie vor Schmerzen. Er sprang zur Seite und wollte das Biest töten doch sein Pferd verlor ein Hufeisen, so zog der Tapfere Ritter seine Lanze und schlitzte dem Drachen den Bauch auf, so dass er verblutete.

Nikolaikirche

Der König versprach ihm jeden Wunsch zu erfüllen und sei es gar seine Krone, aber Sankt Georg wollte nichts außer einem neuen Hufeisen für sein tapferes Pferd.

Das alte Hufeisen ist, wer genau hinsieht, an der Ostseite der Nikolaikirche zu sehen.

Aber Spaßvögel gab es in Leipzig auch, selbst wenn der Spaß nur einseitig war:

Der Kobold vom Matthäikirchhof

Ein Bürger mit einem Haus am Matthäikirchhof wollte einst eine Wand neu weißen lassen, als man hinter ihr haufenweise versiegelter Löcher fand.

Das erste wurde geöffnet, plötzlich flogen dutzende alte Messer, manche scharf andere abgenutzt, hervor. Man wurde neugierig und grub weiter. Viele runde Töpfe mit Kindergebeinen gefüllt tauchten auf.

Seit diesem grauenhaften Fund trieb ein Kobold sein Unwesen. Er warf mit Sachen auf Leute und spielte unentwegt seine Streiche, aber ohne jemanden ernsthaft zu verletzen.

„Alle loben Gott, was tust du? Gib ein Zeichen von dir!“ fragte der Besitzer immer wieder, doch die Antwort war jedes Mal dieselbe, und zwar dass der Kobold ihm irgendwas an den Kopf warf.

Einmal als jemand laut über den Kobold lästerte bekam dieser vom Kobold eine so heftige schelle mit einem Pantoffel dass ihm die gesamte gesichtshälfte schwoll. Nachts im Dunkeln war der Kobold besonders schlimm, weshalb man immer das Licht an lies. Gern kniff er die Leute am Ohr oder riss die Decke weg, doch dass das Licht an war ließ ihn kalt. Nach und nach wurden die Streiche den Leuten egal.

Irgendwann einmal nahm der Kobold einen Wedel und ein Topf voller Fledermäuse vom Hausherren  warf sie ihm entgegen, worauf dieser antwortete: „Ah hast wohl ein Wedel in der Nachbarschaft gestohlen. Wirf her ich brauch ihn grade.“. Voller Wut schmiss der Kobold unzählige Dinge ihm an den rücken. So ging es noch jahrelang weiter. Am Ende war es dem Hausherrn egal was er tat und ignorierte den Kobold komplett.

Johann Sebastian Bach hatte an der damals nahe gelegenen Matthäikirche (damals Neue Kirche), von 1723 – 1750 die Aufsicht über die Kirchenmusik. Später wurde nach abriss, die ehemalige Stasi – Zentrale der DDR auf dem Platz gebaut.

Protzige Könige und Unterdrückung gab es ebenfalls:

Der Ritter mit der eisernen Kette

Der Ritter Georg von Blanck besaß bis 1579 n.Chr. das Rittergut Wahren. Ritter Georg war ein harter Mann. Seine Untertanen in Wahren und der Umgebung hatten ein schweres Los. Er presste aus ihnen das Letzte heraus: sie mussten ohne Bezahlung für ihn arbeiten, hohe Abgaben leisten und nur das Bier kaufen, das er brauen ließ. So finanzierte er das verschwenderische Leben für sich und seine Familie. Dazu war er noch überaus jähzornig.

Kirche Wahren

Während des Kirchenbaus in Wahren forderte er einen Maurer auf, zu ihm auf den Gutshof zu kommen und dort zu arbeiten. Nun gehörte aber dieser Mann nicht zu des Ritters Untertanen, und so weigerte er sich: „Herr, ich bin hier angestellt, die Kirche unseres Herrn zu bauen. Ihr habt mir nichts zu befehlen.“ Der Ritter brauste auf: „Was fällt dir ein?! Hier bestimme ich, was geschieht!“ Ein Wort gab das andere. Beide wurden laut. „Wenn du nicht sofort machst, was ich will . . .“ Der Maurer aber beharrte auf seinem Recht. Das reizte den Ritter aufs Blut. Er zog sein Schwert und erschlug den rechtschaffenen Mann.

Die Untat kam vors Gericht beim Bischof von Merseburg, der der oberste Lehnsherr hier war. Er verurteilte den Ritter von Blanck, bis an sein Lebensende als Zeichen seiner Schuld eine Eisenkette auf dem Leib zu tragen, so dass ein jeder ihn als einen schuldig Verurteilten erkennen konnte.

Kirche Wahren

Heute steht dort das Gutshaus von 1753. In der Kirche von Wahren ist der Grabstein des Ritters zu sehen. Man erkennt einen gedrungenen, kräftigen Mann mit Plattenpanzer und Schwert. Die Gesichtszüge sind finster. Die eiserne Kette ist nicht mit dargestellt.

Ab und zu hatte auch der Teufel seine Finger mit im Spiel:

Der Schatzgräber in der Angermühle

Um 1707 zur Michaelismesse wollte ein junger Müllerbursche einen Freund besuchen. Sein Freund war nicht da, nur ein Fremder stand vor Ort der ihn fragte: „Lust auf ein Bier?“. „Klar warum nicht.“. Daraufhin gingen beide in die Petersstraße ins Wirtshaus.

Als beide aufs Schatzgraben zu sprechen kamen, sagte der Fremde: „Ich kenn da ein Buch mit Formeln und so.“. Für ein paar Taler besorgte der fremde das Buch, schrieb ein paar Seiten ab und gab sie ihm zsm. mit zu einem Schlangenkopf geformten Draht. „Den Draht musst du wie eine Wünschelrute halten, aber den leih ich dir nur.“.

Der junge Bursche ging zur Angermühle in den Keller seines Meisters und tat was der Fremde zu ihm sagte. Bis auf einmal Rauch aus dem Boden emporstieg. Danach hielt er sich an die Anweisungen, die auf den Zetteln standen. Eine Kiste und ein kleines Männchen tauchten auf. In diesem Augenblick sah er zwei blinkende Zweigroschenstücke. „Reicht das für´s Erste?“  fragte das Männchen. „Ja“ antwortete der Junge erschrocken und ging rückwärtslaufend aus dem Keller.

Nächsten Freitag wiederholte er das Ganze, aber mehr als ein Sechzehngroschenstück verlangte er nicht. Danach schwor er vor Satan Gott ab und ging in seine Kammer. In der darauffolgenden Woche wagte er den dritten Versuch. Nun sah er den Schatz: Es war ein Schwenkkessel voller Gold. Vor ihm erschien ein rot beschriebenes Blatt Papier. Als er mit der daneben liegenden Feder unterschreiben wollte, hörte er Schritte. Der Junge löschte alle Kerzen und sah nach, aber niemand war da.

Sein Meister nahm ihn am anschließenden Freitag mit in die Kirche, dieser sowie der Vater und Pfarrer waren überrascht, dass er nicht beten wollte. Sie sprachen mit ihm. Nachdem er die Seiten von dem Fremden zerrissen hatte, erzählte der Junge seine Geschichte.

Die Angermühle (etwa Jacobstraße 1) in welcher alles stattfand, wurde damals von der Pleiße bzw. dem Elstergraben angetrieben.

Doch es gibt auch Sagen von Aufopferung und Verrat:

Die heilige Brücke

Heilige Brücke

Heilige Brücke


Ein Leipziger Ehepaar im 14 Jh. n.Chr. blieb für lange Zeit kinderlos, man betete und hoffte –  Wollte es gar dem Kloster weihen: Dann die Überraschung Zwillinge! Maria und Katharina waren ihre Namen, die Mutter starb aber bald darauf.

Die Zeit verging, aber  welche seiner schönen, klugen Töchter sollte der Vater dem Kloster geben?  Es traf Maria, Katharina schickte er zu Verwandten in Altenburg.

Nach fünf Jahren trafen sich beide wieder und Maria merkte, was man ihr genommen hatte: Spiel, Tanz, Fröhlichkeit. Dicht am Klostergarten floss die Pleiße. Ein Bürgerssohn, der immer wieder mit seinem Boot vorbei fuhr, sang die Lieder die Maria und ihre Schwester so liebten. Die beiden lernten sich kennen und verliebten sich ineinander, doch die Gefahr war groß entdeckt zu werden. So wurde beschlossen dass er sie entführt und brachte sie am nahe gelegenen Kuhturm (ein Überbleibsel der ehemaligen Kuhburg in Alt-Lindenau) unter. Die Aufregung war groß. Das Kloster setzte alles in Bewegung um Maria zu finden und zu strafen.

Zur selben Zeit floh Katharina mit ihrem Geliebten um nicht einen ihr vorbestimmten Mann heiraten zu müssen. Dieser, aber fand Katharina und erfuhr von der Suche nach Maria. Er meldete dem Kloster wo Maria angeblich wäre und man nahm Katharina statt Maria mit. Ihre Strafe war lebendig in der Elster versenkt werden.

Nachdem Maria in ihrem Versteck davon erfuhr ging sie Abend für Abend voller Trauer auf die Brücke und betete für ihre Schwester. Ihre Lebenskraft schwand dahin, bis man sie irgendwann tot auf der Brücke fand. Die Untat des Klosters machte bald die Runde und die beiden gepriesenen Schwestern wurden ehrenvoll auf dem Friedhof begraben.

Wenn wir von der Käthe-Kollwitz-Straße stadtauswärts rechts in die Moschelesstraße einbiegen, müssen wir die Elster überqueren, ehe wir zum Komplex der Sport-Fakultäten gelangen. Die Heilige Brücke ermöglicht es uns.

Test

Einbiegung Moschelesstraße

Bildquelle: Cleemax, www.pexels.com

Leipziger Sagen und Mythen
4.0Gesamtwertung
Leserwertung: (10 Judge)

3 Antwort

  1. Kathy

    Super Artikel, als Leipzigerin war mir das nie so bewusst das es auch hier Sagen und Legenden gibt… Tolle Fotos…

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  2. Reinhard Gunst

    Sehr geehrtes Team,
    die Sage vom Hufeisen weist auf ein Phänomen hin, dass den Plan Lepizigs im 13. Jahrhundert prägte, denn der damalige Plan entsprach dem kosmischen Hirten und dessen Bahn gleicht in etwa einem Hufeisen.

    Mit besten Grüßen

    Reinhard Gunst

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