Die Leipziger Galopprennbahn Scheibenholz im Zentrum der Stadt gelegen, ist seit ihrem Eröffnungsrennen am 14.September 1867, ein beliebter Treffpunkt vieler Leipziger Pferdesportfreunde. An diesem magischen Ort mit seiner historischen Tribüne, fanden in ihrer Geschichte unvergessliche Rennen vor begeistertem Publikum statt. Unvergessen sind die Pferde und ihre berühmten Jockeys der Neuzeit, die mit ihren außergewöhnlichen Leistungen, die Herzen der Menschen erfreuten und die auch heute noch in den Erinnerungen vieler Leipziger sind. Neben den Renntagen beleben die verschiedenen Veranstaltungen die Anlage Scheibenholz, wie den Antik- und Trödelmarkt, die Filmnächte sowie Messen und Konzerte. Die wiedereröffnete Rennbahngastronomie im Tribünengebäude mit seinem großzügig angelegten Biergarten ist ein beliebter Treffpunkt vieler Leipziger und seiner Gäste.  

Ein Besuch im Rennstall Marco Angermann

Marco Angermann ist lizenzierter Berufstrainer und Gründer des „Rennstall Angermann“. Mit neun Jahren fing er mit dem Reitsport an. Von 1983 bis 1985 absolvierte er seine Ausbildung zum Facharbeiter für Pferdezucht mit der Spezialisierung Berufsreiter in Berlin-Hoppegarten. Danach war Marco Angermann zehn Jahre Berufsreiter in Magdeburg und ab 2008 Arbeitsreiter bei Trainer Peter Hirschberger in Leipzig, auf der Rennbahn Scheibenholz. Im November 2011 beendete er seine Meisterprüfung mit dem Titel Pferdewirtschaftsmeister, Teilbereich Galopptraining. Seit April 2012 ist Marco Angermann lizenzierter Berufstrainer und gründete dann in Leipzig den Rennstall Angermann.

1. Wie ist Ihre Leidenschaft für den Pferderennsport entstanden? Gab es hierzu ein besonderes Ereignis?

Ein besonderes Ereignis gab es nicht. Ich habe mit neun Jahren mit dem Reiten auf der Rennbahn in Magdeburg-Herrenkrug angefangen. Von dort aus habe ich immer die Rennpferde beim Training gesehen und war davon sehr begeistert. Ich habe mir damals gewünscht, mit den Rennpferden reiten zu dürfen. Als ich älter wurde, bin ich dann zum Trainer der Rennpferde Herrn Rainer Busch gegangen und habe ihn gefragt, ob ich hier mithelfen kann. Das war dann im Jahr 1980.

2. Wie ist bei Ihnen der Wunsch entstanden Berufsreiter zu werden und welche Ausbildung muss man dafür absolvieren?

Mit vierzehn Jahren durfte ich im Rennstall mitarbeiten und habe so den gesamten Pferderennsport kennengelernt. Später konnte ich auch mit auf Reisen fahren, wenn die Pferde zu den Rennen starteten. Von da an gab es für mich nur einen Wunsch: auch ein Berufsreiter zu werden. Dafür habe ich mich 1983 in Berlin-Hoppegarten als Lehrling beworben und eine zweijährige Berufsausbildung zum Facharbeiter für Pferdezucht mit der Spezialisierung Berufsreiter abgeschlossen. In meiner Lehrzeit lernten wir, die richtige Versorgung und Pflege der uns anvertrauten Pferde und wie sie für die Galopprennen trainiert und vorbereitet werden. Im zweiten Lehrjahr durften wir schon die ersten Rennen reiten. Mit dem Abschluss als Facharbeiter ist man Berufsreiter und kann an den Rennen teilnehmen.

3. Wann und wo war Ihr erster Sieg im Pferderennsport?

Meinen ersten Rennerfolg hatte ich als Lehrling zum Prüfungspreis in Prag. Das war 1985 bevor wir ausgelernt hatten. Ich erinnere mich noch genau an die wunderbare Atmosphäre auf der Rennbahn in Prag und an die begeisterten Besucher, die uns als junge Rennreiter herzlich begrüßten. Ich war damals sehr stolz dort reiten zu dürfen und wollte mein Können allen Zuschauern zeigen. Mein allererstes Rennen habe ich gleich gewonnen. Das war mit dem einzigartigen Pferd Djabel, dass sich in einem harten Finish durchsetzen konnte. Für mich war es ein unvergessliches Erlebnis, an das ich mich heute noch mit Freude erinnere.

4. Nach Ihrer Berufsausbildung sind Sie nach Magdeburg zurück und Ihr Trainer war Herr Rainer Busch. Wie würden sie diese Zeit beschreiben?

In dieser Zeit war ich dann Berufsreiter und beim VEB Vollblutrennbahn angestellt. Wir sind also für das Reiten bezahlt worden und hatten ein festes Gehalt. Als Berufsreiter macht man auch alle Arbeiten, die in einem Rennstall anfallen: wir versorgten und trainierten die Pferde und bereiteten sie auf die nächsten Rennturniere vor. Für die Wettbewerbe in der Saison gab es zu den jeweiligen Platzierungen das entsprechende Sieg- oder Platzgeld zu unserem Gehalt dazu. Für mich war es eine wunderbare Zeit und ich habe von Rainer Busch sehr viel gelernt. In diesen Jahren habe ich viele Erfahrungen in der Arbeit mit den Pferden sammeln können, die mir heute als Trainer sehr wertvoll sind. Diese Zeit war für mich ganz wichtig und sie ist die Grundlage dafür, eine erfolgreiche Arbeit als Trainer im Pferderennsport leisten zu können.

5. Was hat Sie dazu bewogen, nach Ihrer erfolgreichen Jockey-Laufbahn als Trainer zu arbeiten? Wie wird man ein Trainer im Pferderennsport?

Ich war danach für ein paar Jahre aus dem aktiven Pferderennsport raus, hatte aber nicht den Kontakt zu dem Reitsport und seinem Umfeld verloren. Ab 2008 habe ich hier im Scheibenholz, bei Peter Hirschberger in seinem Rennstall, als Arbeitsreiter gearbeitet. Wir trainierten die Pferde und bereiteten sie für die kommenden Galopprennen vor. In dieser Zeit hatte ich auch das Angebot von Peter Hirschberger erhalten, ob ich seinen Rennstall übernehmen möchte. Sein Angebot kam damals für mich überraschend, denn ich hatte noch nicht den Plan gefasst, eines Tages einen Rennstall, als Trainer zu leiten. Ich habe daraufhin einen Meisterlehrgang begonnen. Die Ausbildung war in Köln und Münster und in theoretische und praxisbezogene Themen unterteilt. Im November 2011 absolvierte ich meine Meisterprüfung zum Pferdewirtschaftsmeister, Teilbereich Galopptraining. Mit diesem Abschluss konnte ich nun meine Lizenz als Berufstrainer im Galopprennsport beantragen. Seit Anfang 2012 bin ich lizenzierter Berufstrainer und habe im April schließlich den Rennstall Angermann gegründet.

6. Wie ist der Anfang Ihrer Trainerkarriere gewesen? Wann hatten Sie Ihren ersten Rennsieg als Trainer?

Die erste Zeit war nicht einfach. Ich habe mit drei Pferden angefangen. Die Besitzer haben mir ihre Pferde in Obhut gegeben und mir ihr Vertrauen geschenkt. So hat alles angefangen. Im Laufe der Zeit entwickelte es sich beständig immer weiter. Mein erster Sieg als Trainer im Pferderennsport war 2012 hier in Scheibenholz, beim „Ur-Krostitzer-Pilsner-Cup“ mit dem Pferd Not Allowed. Zu diesem Rennen hatte ich mir mit ihm schon Chancen ausgerechnet, dass er im Rennen vorne mit dabei sein kann. Das er dann auch noch in einem harten Finish sich den Sieg holte, freute mich sehr und machte mich sehr stolz.

7. Wieviel Pferde werden von Ihnen und Ihrem Team derzeit trainiert und wie gestaltet sich ein Tagesablauf in Ihrem Rennstall?

Wir haben jetzt zwanzig Pferde auf der Rennbahn im Scheibenholz. Ab sechs Uhr gehen wir in den Stall und die Pferde bekommen ihr Futter danach wird ausgemistet. Dabei achten wir auch auf den Gesundheitsstand der Tiere. Im Anschluss daran beginnt das Training. Von Montag bis Samstag trainieren wir bis zur Mittagszeit. Nachmittags werden die Pferde nochmals gefüttert und es werden noch alle wichtigen Arbeiten, die notwendig sind erledigt.  Am Wochenende fährt man zum Rennen, wenn Renntage stattfinden.  

8. Wie ist der Ablauf eines Trainings auf der Galopprennbahn Scheibenholz? Welche Kriterien sind für Sie wichtig, dass ein Pferd starten kann?

Für einen Lauf muss man schon auf die Kondition der Pferde achten, denn die Kondition ist im Galoppsport das Wichtigste. Deshalb achte ich darauf, wie sich die Pferde im Training bewegen und wie ausdauernd sie auf dem Parcours sind. Ich merke schon, wenn ein Pferd gut vorbereitet ist, um an den Start zu gehen. Wichtig ist es auch zu wissen, wo die Pferde starten werden, welche Distanz sie dort gehen müssen und wie die Beschaffenheit der Bahn ist. Das sind ganz wesentliche Kriterien, die es immer zu beachten gilt.  Hinzu kommt, dass manche Pferde auch ihre besonderen Vorlieben für eine bestimmte Galoppbahn entwickelt haben. Die einen bevorzugen zum Beispiel den Rundkurs in Leipzig-Scheibenholz, Berlin-Hoppegarten oder die Bahn in Magdeburg. Auf diese Kriterien achte ich auch, um die Pferde optimal darauf vorzubereiten.

9. Welche Siege und Platzierungen der Pferde in diesem Galopprennjahr sind für Sie bedeutsam? Welches Pferd hat Sie mit seinen Leistungen besonders erfreut?

Ich muss ganz ehrlich sagen, dass mich alle Siege der Pferde freuen. Es ist immer schön zu erleben, wenn unsere Pferde erfolgreich sind und das Rennen gewinnen können. Es macht mich und unser Team sehr stolz. Als ein Beispiel möchte ich das Baden-Baden Meeting vom September nennen, als unser Pferd Salome über die Distanz von 1600 m mit einem furiosen Endspurt siegen konnte. Genauso unser Mister Bean, der nach langer Pause, in Hannover über die 1400 m siegte. Dabei denke ich auch an die guten Platzierungen, die unsere Pferde in dieser Rennsaison bereits erreichten und mit denen ich noch nicht so gerechnet hatte. Diese Erfahrungen sind für unsere tägliche Arbeit sehr wichtig und erfüllen uns mit Stolz.

10. Welche Bedeutung hatte die Corona Pandemie für den Pferderennsport?

Ja das war schon problematisch. Zum einem für die Besitzer der Pferde, weil bei den Rennen in dieser Saison auch die ausgelobten Preise halbiert wurden. Hinzu kommt, dass die wenigen Renntage ohne Zuschauer stattgefunden haben. Viele Rennbahnvereine haben deshalb aus diesen Gründen keine Renntage veranstaltet, weil sie ohne Publikum auch keine Einnahmen erzielen können. Ich hoffe nun, dass es im nächsten Jahr besser wird. Für uns ging die Arbeit normal weiter und wir haben in dieser Zeit mit den Pferden weiter trainiert.

11. Wie blicken Sie in die Zukunft des Pferderennsports? Was müsste sich verändern?

Wichtig ist für mich, dass ich hier weiter Trainieren kann. Im letzten Jahr gab es im Scheibenholz nur ein Pferderennen, besser wären drei bis vier Veranstaltungen im Jahr. Für einen Reitverein und einem Rennstall sind es wichtige Fragen für ihre Zukunft, die einer klaren Entscheidung bedürfen. Eine größere Unterstützung von der Stadt und den Verantwortlichen wünsche ich mir.

Hier ist eine Bildergalerie über den Renstall Angermann

Hier ein Beitrag zum Stadtparkrennen „Rund um das Scheibenholz“ was zwischen 1950 und 1958 stattfand.